Wir alle haben Phasen, in denen wir ganz „erwachsen“ unseren Alltag stemmen. Wir flippen nicht gleich aus, wenn etwas schiefgeht, wir schreiben eine To-do-Liste, um bestehenden Aufgaben schnell und effizient zu erledigen und wir bleiben entspannt, falls uns jemand mit unberechtigten Forderungen traktiert.
Aber dann gibt es Phasen, da sind wir gar nicht mehr so souverän. Da werden wir gleich ungehalten, wenn uns jemand nervt. Meist bekommen das unser Partner oder unsere Kinder zu spüren. Oder wir schmollen, wenn wir nicht das bekommen, was wir wollen.
Was ist da mit uns los?
Inhaltsübersicht
Innere Rollen und Kommunikationsstile
Unsere zwischenmenschliche Kommunikation wird maßgeblich von den inneren Rollen beeinflusst, die jeder Mensch in sich trägt. Diese Rollen steuern, wie wir auf verschiedene Situationen reagieren und mit anderen interagieren. In diesem Beitrag möchte ich Ihnen diese inneren Rollen näherbringen und erläutern, wie sie unsere Beziehungen prägen und wie wir sie besser verstehen und nutzen können.
Die drei inneren Rollen
- Der Fürsorgliche und Kritische Anteil – das Eltern-Ich:
- Dieser innere Anteil repräsentiert die Normen, Regeln und Erwartungen, die wir im Laufe unseres Lebens gelernt haben. Er kann sowohl unterstützend und beschützend als auch fordernd und kritisch sein.
- Positiver Aspekt: Wenn dieser Anteil in seiner fürsorglichen Form agiert, bietet er uns Schutz und Unterstützung. Zum Beispiel motivieren wir uns selbst, gesunde Entscheidungen zu treffen oder auf uns und andere Acht zu geben.
- Negativer Aspekt: In seiner kritischen Form kann dieser Anteil uns und andere verurteilen, was zu Schuldgefühlen und Unsicherheiten führen kann. Ein Beispiel wäre das übermäßige Kritisieren der eigenen Fehler oder der Fehler anderer.
- Das kreative und freie Selbst – das Kind-Ich:
- Dieser Anteil steht für Spontaneität, Kreativität und Ungezwungenheit. Er repräsentiert den Teil in uns, der unbeschwert und neugierig ist und sich frei ausdrücken kann.
- Positiver Aspekt: Dieser Anteil fördert unsere Fähigkeit, neue Ideen zu entwickeln und das Leben zu genießen. Beispielsweise erlaubt er uns, uns beim Spielen, Musizieren oder kreativen Arbeiten auszuleben.
- Negativer Aspekt: Wenn dieser Anteil unkontrolliert agiert, kann er uns in Schwierigkeiten bringen, da spontane Entscheidungen nicht immer durchdacht sind. Ein Beispiel wäre, impulsiv Geld auszugeben, ohne an die Konsequenzen zu denken.
- Das rationale und analytische Selbst – das Erwachsenen-Ich:
- Dieser Anteil ist verantwortlich für logisches Denken, Analyse und sachliche Entscheidungen. Er hilft uns, auf die Gegenwart zu reagieren und vernünftige Lösungen zu finden.
- Positiver Aspekt: Dieser Anteil unterstützt uns dabei, Probleme strukturiert anzugehen und fundierte Entscheidungen zu treffen. Zum Beispiel erstellen wir einen klaren Plan, um ein Projekt erfolgreich abzuschließen.
- Negativer Aspekt: Übermäßige Rationalität kann dazu führen, dass wir emotionale Aspekte vernachlässigen und unsere Entscheidungen unpersönlich oder kalt wirken. Ein Beispiel wäre, wenn wir bei der Lösung eines Konflikts ausschließlich auf Fakten bestehen, ohne die Gefühle der beteiligten Personen zu berücksichtigen.
Die Bedeutung der inneren Rollen für die Kommunikation
Unsere inneren Rollen beeinflussen, wie wir auf andere reagieren und mit ihnen interagieren. Jede Situation erfordert eine spezifische Rolle, um effektiv zu kommunizieren. Ein Ungleichgewicht oder die falsche Rolle zur falschen Zeit kann zu Missverständnissen und Konflikten führen.
- Ein Beispiel: Stellen Sie sich vor, ein Kollege kritisiert Sie für einen Fehler. Wenn Sie aus der Perspektive des Fürsorglichen und Kritischen Anteils antworten („Ich verstehe, dass du mir helfen willst, aber…“), kann dies helfen, die Spannung zu entschärfen. Wenn Sie jedoch aus dem kreativen und freien Selbst heraus antworten („Ach, das ist doch nicht so schlimm!“), könnte dies als mangelnde Ernsthaftigkeit interpretiert werden.
Strategien zur Balance
Die Fähigkeit, die richtige innere Rolle zur richtigen Zeit zu wählen, ist essenziell für eine effektive Kommunikation:
- Fürsorglicher und Kritischer Anteil: Dieser Anteil kann Unterstützung und Schutz bieten, sollte jedoch nicht überkritisch oder bevormundend sein. Es ist wichtig, die Balance zwischen Fürsorge und Kritik zu finden, um konstruktives Feedback zu geben und sich selbst nicht übermäßig zu verurteilen.
- Kreatives und freies Selbst: Dieser Anteil fördert Kreativität und Freude, muss aber manchmal zurücktreten, um ernste Situationen zu respektieren. Es ist wichtig, die Freiheit dieses Anteils zu genießen, ohne die Verantwortung für unsere Handlungen zu vernachlässigen.
- Rationales und analytisches Selbst: Dieser Anteil ist wichtig für sachliche und praktische Problemlösungen, sollte aber auch die emotionalen Aspekte der Interaktionen berücksichtigen. Es ist entscheidend, einen Mittelweg zwischen Rationalität und Emotionalität zu finden, um ganzheitliche und empathische Entscheidungen zu treffen.
Praktische Anwendungen
- Selbstreflexion:
- Reflektieren Sie regelmäßig über Ihre Reaktionen und identifizieren Sie, welcher innere Anteil gerade dominiert. Fragen Sie sich: „Welche Rolle spiele ich gerade?“ und „Ist diese Rolle in dieser Situation hilfreich?“
- Beispiel: Wenn Sie sich selbstkritisch für einen Fehler verurteilen, erkennen Sie, dass dies der kritische Anteil ist, und versuchen Sie, eine fürsorglichere Haltung einzunehmen.
- Kommunikation mit anderen:
- Versuchen Sie, in Gesprächen die innere Rolle Ihres Gegenübers zu erkennen. Reagieren Sie entsprechend, um ein harmonisches und konstruktives Gespräch zu fördern.
- Beispiel: Wenn Ihr Gesprächspartner aus dem kreativen und freien Selbst heraus agiert, versuchen Sie, diese Spontaneität wertzuschätzen und gleichzeitig die rationale Perspektive beizusteuern, um gemeinsam eine ausgewogene Lösung zu finden.
- Stressbewältigung:
- Nutzen Sie die Stärken Ihrer inneren Rollen zur Stressbewältigung. Der Fürsorgliche Anteil kann Ihnen helfen, sich selbst zu beruhigen, das kreative Selbst kann Ihnen Freude und Ablenkung bringen, und das rationale Selbst kann Ihnen helfen, einen klaren Plan zur Problemlösung zu erstellen.
- Beispiel: Bei hohem Stress können Atemübungen und Selbstfürsorge (fürsorglicher Anteil), kreative Hobbys wie Malen oder Musik (kreatives Selbst) und strukturierte To-Do-Listen (rationales Selbst) helfen.
Fazit
Das Verständnis und die bewusste Steuerung unserer inneren Rollen können maßgeblich dazu beitragen, unsere Kommunikation und zwischenmenschlichen Beziehungen zu verbessern. Indem wir erkennen, welche Rolle gerade dominiert und ob sie angemessen ist, können wir Missverständnisse vermeiden und effektiver interagieren.